Dr. Rolf Mützenich war zu Gast bei einer außenpolitischen Veranstaltung von SPD Unterbezirk und Ortsverein Diepholz.
Im Mittelpunkt standen aktuelle Themen zur Krise in der Ukraine sowie den Entwicklungen im Nahen und Mittleren Osten. Zum ersten Mal seit Ende des Kalten Krieges befindet sich die EU in einer direkten politischen Konfrontation mit Russland. Dabei geht es nicht mehr um das Denken in zwei Blöcken wie zu Zeiten des Kalten Krieges.

Für Europa bedeutet das, so Mützenich, einen schwierigen Balanceakt. Einerseits muss es im Umgang mit Russland wieder lernen, nach den Regeln der Geopolitik zu spielen. Dazu gehört auch eine glaubwürdige, allerdings nicht notwendigerweise militärische, Abschreckung.

Perspektivisch, so der stellv. Vorsitzende der Bundestagsfraktion, braucht Russland die EU mehr als umgekehrt. Zudem sei Russland schon allein wegen seines riesigen Modernisierungsdefizits auf Europa angewiesen.

EU-Europa wird nur erfolgreich und befriedet bleiben, wenn es an den Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte festhält: der Politik des Interessenausgleichs zwischen kleinen und großen Staaten. Und gerade Deutschland dürfe nicht den Eindruck erwecken, es suche ein Sonderverhältnis zu Russland über die Köpfe der kleineren östlichen Partner hinweg.

Ein weiteres Diskussionsthema am Abend waren die Veränderungen in der arabischen Welt. Das Vorrücken des IS wurde, betonte Rolf Mützenich, maßgeblich ermöglicht durch das Machtvakuum in den Ländern. Dabei bedrohe der IS nicht nur ganz unmittelbar die Menschen in der Region, sondern auch die deutschen Sicherheitsinteressen. Eine weitere Expansion des IS würde unmittelbar die kurdische Autonomie-Region im Nordirak, weitere Teile Syriens, den Libanon und Jordanien gefährden. Zudem gebe es zu viele Parteien mit zu vielen widersprüchlichen Interessen.

Entscheidend sei, für ein Austrocknen der Einnahmequellen des IS zu sorgen. Der IS ist die reichste Terrororganisation der Welt, pro Tag soll sein Vermögen um eine Million US-Dollar wachsen. Für eine wirksame Bekämpfung müssen seine Einnahmequellen (Erdölverkauf, Schmuggel, Schutz- und Lösegelder, Drogenhandel) trockengelegt werden. Hier muss auch entsprechend Druck auf die Partner ausgeübt werden. Der Westen muss ernsthaft und langfristig jene Kräfte unterstützen, die sich dem „Islamischen Staat“ entgegenstellen, und darf es zugleich nicht akzeptieren, dass der „Kampf gegen den Terror“ für die innenpolitischen Zwecke autoritärer Regime wie dem von Assad missbraucht wird. Als positives Beispiel der Neuordnung in der arabischen Welt nannte Rolf Mützenich Tunesien, wo eine islamistisch geprägte Partei eine Wahlniederlage demokratisch akzeptiert habe. Der Abend ergab eine intensive Diskussion, die zeigte wie wichtig es ist, auch die Themen der Außenpolitik in die Kommunen zu den Menschen zu bringen.