Gemeinsame Pressemitteilung SPD Unterbezirk Diepholz, Attac Diepholz-Nord

Syke. Am Freitagnachmittag begrüßten die SPD und Attac knapp 70 Zuhörer im Gleis 1 zu einer Veranstaltung mit dem Landtagsabgeordneten Volker Bajus (Bündnis 90/ die Grünen) und dem Europaabgeordneten Bernd Lange (SPD) zu den Themen TTIP und CETA.

Fasst man die Aussagen und Vorbehalte des Vorsitzenden des Handelsausschusses und TTIP Berichterstatters des europäischen Parlaments zusammen, gibt er dem Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU nur noch wenig Chancen. Das Schwesterabkommen mit Kanada (CETA) hingegen entspreche den Anforderungen der europäischen Handelspolitik und werde demnächst dem Parlament zur Entscheidung vorgelegt.

Die zweistündige, sehr gekonnt vom bestens informierten Christian Rohlfing (Attac) und dem SPD-Kreisvorsitzenden Ingo Estermann moderierte Veranstaltung brachte einige erstaunliche Aspekte in der Diskussion um die sehr komplexen Themen TTIP und CETA zu Tage. Fragen zu den von Greenpeace veröffentlichten Geheimpapieren, den hohen Standards sowie dem Vorsorgeprinzip in Europa und dem Nachsorgeprinzip in den USA wurden diskutiert. Bernd Lange stellte klar, dass alle Dokumente, auch die Protokolle der Verhandlungen, auf der Seite des Parlaments im Internet zu finden seien – allerdings nur die der europäischen Seite, nicht die der USA.

Lange kritisierte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die darauf drängt, möglichst in den kommenden Monaten zu einem Abschluss der Verhandlungen von TTIP zu kommen: es gehe nicht um einen zeitlichen Wettlauf, sondern darum, ein gutes Ergebnis zu erzielen, meinte der langjährige Europaabgeordnete.

Das Podium der TTIP-Veranstaltung
Das Foto zeigt von links nach rechts: Christian Rohlfing (Attac, Moderator), Bernd Lange (MdEP), Volker Bajus (Grüne) und Rolf Rebenstorff (Attac).

Laut Attac gibt es große Unstimmigkeiten in punkto Umweltstandards. Diese Standards und die Daseinsvorsorge seien nicht verhandelbar. Auch Bernd Lange unterstrich, dass auch weiterhin eine Rekommunalisierung möglich sein müsse. Auch der geplanten regulatorischen Kooperation erteilte Lange eine Abfuhr: „Die ist mit dem Europäischen Parlament nicht zu machen“. Als einen weiteren Knackpunkt betrachtet Lange die öffentlichen Ausschreibungen. Die USA wollten ihren heimischen Markt schützen, der immerhin mehr als zehn Prozent des Bruttosozialproduktes der Vereinigten Staaten ausmache.

Einig waren sich Volker Bajus und Bernd Lange in der Beurteilung der geplanten Schiedsgerichte. Europa habe gute Gesetze, stellte Bajus fest, wir „brauchen dieses Rechtssystem nicht“. Für Bernd Lange gehören die alten Schiedsgerichte „auf den Müll der Geschichte“. Bei einem Handelsstreit müssten die ausländischen Unternehmen die gleichen Rechte haben wie die inländischen.

Einem Freihandelsabkommen, dass nicht die Basisrechte für Arbeitnehmer respektiere, könne er nicht zustimmen, so der Sozialdemokrat Lange. Von den acht Kernforderungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) seien in den USA jedoch erst drei umgesetzt. „Ohne diese acht Punkte wird es kein Abkommen geben“, stellte Lange unmissverständlich fest.

„Wir brauchen fairen Handel“ und nicht dieses Freihandelsabkommen, fasste Volker Bajus seine Kritik an TTIP zusammen. Und auch sein Diskussionspartner Lange hält nichts von geopolitischer Blockbildung sondern setzt auch auf fairen Handel, dessen Rahmen von der Welthandelsorganisation WTO gesetzt wird. Einig waren sich die Diskutanten auch darin, dass TTIP auch eine gute Seite hat: Die Diskussion darum hat große Teile der Bevölkerung politisiert, das sei eine gute demokratische Entwicklung.

Dass das Freihandelsabkommen mit Kanada demnächst vom EU-Ministerrat und dann vom EU-Parlament in Kraft gesetzt wird, hält Lange entgegen der Attac-Kritik jedoch für völlig in Ordnung. Schließlich sei Handelspolitik eine Aufgabe der EU und das Parlament demokratisch legitimiert. Allerdings müssten jene Bereiche von CETA, die die Mitgliedsländer beträfen, dann von den einzelnen nationalen Parlamenten verabschiedet werden, denn für ihn sei CETA ein gemischtes Abkommen.

Während Volker Bajus den Umgang der EU als Ursache für eine massive Vertrauenskrise in die Europäische Union sieht, beklagte Bernd Lange die zunehmenden nationalen Alleingänge, statt gemeinsam mehr nach vorne zu schauen. „So wie der Stand jetzt ist, wäre TTIP ein Fall für den Ablageschrank und das wäre dann auch gut so“, so SPD-UB-Vorsitzender Ingo Estermann.

Besucher der TTIP-Verantaltung
Rund 70 Besucherinnen udn Besucher verfolgten interessiert die Redebeiträge der Gäste aus Politik und von Attac