Zum inzwischen schon traditionellen Jahresempfang konnte UB-Vorsitzende Astrid Schlegel viele Genossinnen und Genossen, aber auch Vertreter der Kirchenkreise, von Institutionen wie Jobcenter und LGLN, Sozialverband und andere im Hotel Zur Post in Neubruchhausen begrüßen. Wie jedes Jahr erhielt jeder Gast eine rote Nelke zur Begrüßung.

In ihrer Rückschau erinnerte sie an das 150-jährige Parteijubiläum, das im letzten Jahr mit großen zentralen Feiern, aber auch mit einigen Veranstaltungen – Ausstellungen und Lesungen – im Landkreis begangen wurde. Den Blick voraus lenkte sie auf die bevorstehenden Bürgermeisterwahlen in etlichen Kommunen im Landkreis sowie auf die Europawahl, die beide am 25. Mai stattfinden.

So war es folgerichtig, dass Bernd Lange, Mitglied des Europäischen Parlaments (MdEP), der Hauptredner des Abends war. Er vertritt den hiesigen Wahlkreis seit 2009 und war schon zwischen 1994 und 2004 Europaabgeordneter. Er tritt als handelspolitischer Sprecher der europäischen Sozialdemokraten für einen fairen Handel ein und engagiert sich insbesondere für die Einhaltung bzw. Einführung von Sozial- und Umweltstandards.

Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles andere nichts.“ Mit diesem Zitat von Willy Brandt betonte Bernd Lange die Bedeutung des Friedens in Europa, der inzwischen fast 70 Jahre andauert. „Das „Projekt“ Europa wird getragen von Menschen und ihrem Verhalten zueinander,“ unterstrich er dieses Zitat und sprach deutlich aus: „Die Solidarität ist ein zentraler Bestandteil der europäischen Demokratie – hier ist kein Platz für Spalter und Nationalisten!“, was mit großem Beifall quittiert wurde.

Lange kritisierte das Vorhaben, die Märkte zu liberalisieren und damit Bereiche in private Hände zu geben, die öffentlicher Kontrolle unterliegen müssten, wie beispielsweise die Wasserversorgung: „Wasser ist ein Lebensmittel und gehört nicht in private Hand.“ Er verwies auf Städte wie Grenoble und Paris, die die Wasserversorgung rekommunalisieren, also wieder zurück in kommunale Verantwortung nehmen.

Neben etlichen weiteren Themen kritisierte er das Investmentbanking: „Das ist nicht der richtige Begriff, da wird nicht investiert, sondern spekuliert!“ und forderte eine Trennung von klassischen Aufgaben der Banken und Spekulationsgeschäften.

Auch die hohe Jugendarbeitslosigkeit in einigen europäischen Ländern (25% gesamt in EU, 60% Griechenland, 50% Spanien, unter 10% z. B. in Deutschland, der Niederlande und Österreich) verband er mit der Bankenkritik: „Nicht Banken sind systemrelevant, sondern die Jugend in Europa ist systemrelevant!“ Er wies darauf hin, dass auch im Landkreis Diepholz die Jugendwerkstätten aus europäischen Mitteln gefördert werden, in der Förderperiode 2007 bis 2014 flossen insgesamt 9 Mio € an Fördergeldern in den Landkreis.

Die sozialdemokratischen Forderungen auf europäischer Ebene sind Regeln für den Arbeitsmarkt, den Kapitalmarkt und die Daseinsvorsorge; solidarische Investitionen in Arbeitsplätze sind notwendig, weil alle davon profitieren.

Sehr kritisch bewertete er das Vorgehen der Bundesregierung, wenn Geld zu niedrigem Zinssatz aufgenommen und dies zu einem höheren Zinssatz an bedürftige Länder verliehen wird. Das sei unmoralisch, meinte Lange: „Man soll an der Not anderer Länder nicht verdienen.“

Zum Schluss betonte er, dass die europäischen Sozialdemokraten mit Martin Schulz einen hervorragenden Kandidaten für die Präsidentschaft der Europäischen Kommission gekürt haben: „Er ist der Richtige als Regierungschef.“

Die Gäste nahmen anschließend die Gelegenheit zu Gesprächen wahr, begleitet von der Musik von „tuba libre“, die einige auch zum Tanzen verführte.