Umdenken der Gesellschaft erforderlich

"Wir alle sind gefordert, umzudenken" so das Fazit aus der Veranstaltung, zu der die SPD-Kreistagsfraktion zusammen mit dem Unterbezirk nach Sulingen eingeladen hatte.

Referenten aus verschiedenen Bereichen stellten in kurzen Impulsreferaten ihre Sicht und Erfahrungen vor, Chancen und Hürden bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt.

Zurzeit arbeiten etwa 1300 Menschen mit Behinderung in geschützten Werkstätten. Ziel sei es aber, im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention diese Menschen zu unterstützen und zu begleiten, auf den ersten Arbeitsmarkt vermittelt zu werden. Das passiere auch in den Delme-Werkstätten, berichtete Wilfried Lau, der die berufliche Bildung hier leitet. Dass eine Vermittlung auf den ersten Arbeitsmarkt nur in sehr geringem Maß gelinge, habe mehrere Gründe. Man sei dabei, die Unternehmen zu beraten und zu unterstützen. Job-Couches könnten helfen, potenzielle Arbeitnehmer und Arbeitgeber passend zusammen zu führen.

Von der Möglichkeit über das Budget für Arbeit oder Lohnkostenzuschüsse in den ersten Arbeitsmarkt zu kommen, würden nur wenige Menschen im Landkreis Diepholz Gebrauch machen. Das bestätigte auch Ulrike Tammen, Fachdienstleiterin Soziales beim Landkreis Diepholz. Zurzeit seien es nur vier Personen, die diese Hilfe in Anspruch nehmen.

Die Arbeitgeberseite vertraten Constantin von Kuczkowski von der IHK und Jens Leßmann von der Kreishandwerkerschaft. In größeren Betrieben seien gesetzliche Vorgaben, Unterstützungs- und Fördermöglichkeiten eher bekannt, als in kleinen Betrieben. Daher seien hier die Hürden entsprechend größer, Menschen mit Behinderung zu beschäftigen. Wenn allerdings Betriebe Menschen mit Behinderung beschäftigten, werde deren Leistung hochgeschätzt.

Rebecca Kleinheitz, vom Arbeitsfeld Landwirtschaft mit allen, einem Netzwerk zur Förderung von Beschäftigung von Menschen mit Behinderung in der Landwirtschaft, berichtet von verschiedenen erfolgreichen Projekten in ganz Deutschland. Ihre Aussage, man müsse die Arbeit an die Menschen anpassen, und nicht die Menschen an die Arbeit, erntete Zustimmung.

Dies sei aber aus Sicht der Betriebe schwierig, wenn Wirtschaftlichkeit und Wettbewerb zum täglichen Geschäft gehörten. Vom Alltag aus einem Betrieb, der mehrere Menschen mit Behinderung beschäftigt, konnte Andreas Besser von der Firma K-Nord aus Ganderkesee anschaulich berichten. Abhängig auch von der Art und dem Grad der Behinderung hätten diese Menschen oft einen sehr hohen Förderbedarf, der sich nicht auf die Arbeit allein bezieht. Arbeitgeber könnten dies allein nicht leisten. Ohne Unterstützung der gesamten Belegschaft sei eine solche Integration nicht zu leisten. Besonders wenn Menschen mit Behinderung aus einer geschützten Werkstatt kämen, würden sie in der freien Wirtschaft mit dem real erzielten Lohn in der Rentenversicherung oft schlechter gestellt.

Den Appell an die Politik, dieses zu ändern und Unternehmen besser zu unterstützen, nicht nur finanziell, sondern auch bürokratische Hürden abzubauen, wurde aufgenommen. Genauso wie der Appell an uns alle, als Bürger dieser Gesellschaft, den Schalter im Kopf umzulegen und dafür zu sorgen, dass jeder Mensch - mit und ohne Behinderung - seinen Platz in unserer Gesellschaft findet.