Die Einführung des Mindestlohns und das Aufstellen von Spielregeln für die internationalen Finanzmärkte, das waren die zwei wichtigsten Forderungen, die der Bremer Professor Rudolf Hickel als Konsequenz aus der Wirtschafts- und Finanzkrise zog. Unter dem Thema „Nach dem ökonomischen Absturz: Statt Marktentfesselung politisch gestalten“ wagte Hickel einen Parforceritt durch die Weltwirtschaft. Ihm folgten über 150 interessierte Zuhörer im Hotel „Zur Post“ in Neubruchhausen.

Anlass war der Jahresempfang des SPD-Unterbezirks im Landkreis Diepholz, zu dem die Vorsitzende Astrid Schlegel neben den Bürgermeistern aus Bassum, Kirchdorf, Twistringen und Weyhe auch Superintendent Klaus Priesmeier vom Kirchenkreis Grafschaft Diepholz, sowie Vertreter der Arge und der IHK begrüßen konnte. Daneben freute sie sich über die Anwesenheit des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Rolf Kramer sowie Landrat Gerd Stötzel.
Schlegel wies in ihren Begrüßungsworten darauf hin, dass 6,5 Millionen Menschen von ihrem Lohn nicht leben können und deshalb eine Aufstockung benötigten. Besonders betroffen seien Kinder, die in der Schule beispielsweise als „Hilfeempfänger“ erkennbar sind, wenn sie ihr Mittagessen über Gutscheine erhalten. „Die soziale Schieflage zeigt, wer eigentlich Sozialschmarotzer ist, bezogen auf das Gebaren mancher Banken in der Finanzkrise“, kritisierte sie die fehlende soziale Gerechtigkeit.

Im anschließenden Vortrag machte der Bremer Wirtschaftswissenschaftler keinen Hehl aus seiner Meinung zur Haltung vieler Banken. Er prangerte den Raubtierkapitalismus an, den Helmut Schmidt so bezeichnete, für den an den Finanzmärkten nur der schnelle Gewinn zählt. Doch der Zusammenbruch des Systems zeigte, wie ebenso schnell Verluste eingefahren werden können und welche Folgen dies weltweit für die Banken und damit auch für die jeweiligen Staaten hatte. Die Konjunkturpakete, die in vielen Ländern daraufhin geschnürt wurden, seien die richtige Antwort gewesen, denn diese und die Zusage, die Einlagen zu retten, seien vertrauensbildend gewesen und hätten vor allem in Deutschland die Krise abgefedert. Die Reaktionen auf die Krise könnten nur in einer Aufstellung von Spielregeln für den internationalen Finanzmarkt münden. Auf Deutschland bezogen sprach er sich ebenfalls für eine Regulierung des Arbeitsmarkts aus. Die Einführung des Mindestlohns sichere ein auskömmliches Gehalt, so Hickel. „Wir müssen in Deutschland das Lohndumping abschaffen. Der absolute Zynismus im Satz „Leistung müsse sich wieder lohnen“, gelte doch meist nur für die Gutverdiener, kritisierte er die FDP. Im Grunde stehe Deutschland wirtschaftlich ganz gut da, doch die gezogenen Lehren müssten jetzt auch richtig umgesetzt werden. Eine Steuersenkungspolitik könne sich der deutsche Staat allerdings nicht leisten.

Die Zuhörer im Saal verfolgten aufmerksam das Referat des Bremer Professors, das im Anschluss für reichlich Gesprächsstoff sorgte.

UB-Vorsitzende Astrid Schlegel bedankte sich bei Professor Rudolf Hickel mit einem Geschenk für seinen engagierten Vortrag. Dass es leider keine Gelegenheit zu einer Diskussion mit dem Wirtschaftswissenschaftler gab, war der Tatsache geschuldet, dass Hickel als gefragter Gast in Gesprächsrunden im Fernsehen auch an diesem Abend einer Einladung in die Talkshow "3 nach 9" folgte und die Veranstaltung in Neubruchhausen aus diesem Grund bereits um 20 Uhr verlassen musste.

Nach dem äußerst informativen Vortrag von Professor Hickel gab es für die Gäste die Möglichkeit zu Gesprächen...

...die ausgiebig genutzt wurde.

Und Tuba Libre unterhielt die Gäste währenddessen mit Jazz und Dixieland.