Vom Bundesparteitag in Dresden berichtet Joachim Oltmann, der als Delegierter des Unterbezirks dabei war.

Als ich im Frühjahr 2009 auf dem Unterbezirks-Parteitag zum Delegierten für den Bundesparteitag gewählt wurde, konnte ich noch nicht ahnen, welche Bedeutung dieser Parteitag für die SPD und insbesondere ihrer Mitglieder haben könnte.
Wer konnte damals denn schon das katastrophale Ergebnis der Bundestagswahl voraussehen? Wer ahnen, dass wieder einmal die Parteispitze ausgewechselt wurde?
Dies wurde mir aber spätestens auf der Bahnfahrt nach Dresden bewusst, denn ab Berlin fuhren nicht nur prominente Parteispitzen, sondern äußerst gespannte Presse- und Medienvertreter mit. In zahlreichen Vorgesprächen mit uns Delegierten wollten sie erstes Insiderwissen und Abstimmungsverhalten herausbekommen.

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Auf die Rede von Franz Müntefering folgt eine stundenlange Diskussion der Delegierten, die ihnen die Möglichkeit bietet, lang zurückgehaltenen Frust, aber auch neue Ideen dem Plenum mitzuteilen. Foto: Oltmann

Der Freitag begann dann in einer - mit zahlreichen Kamerateams - überfüllten Messehalle, mit der mit Spannung erwarteten Abschiedsrede des scheidenden Parteivorsitzenden Franz Müntefering. Bittere Worte blieben aus, eine Teilschuld der Parteispitze am Ergebnis der Bundestagswahl wurde eingeräumt, aber auch an den positiven Ergebnissen der Zeit als Regierungspartei festgehalten. Lang anhaltender Applaus stehender Delegierter versöhnte ihn dann wohl auch mit seiner Partei.
Danach erfolgte die Aussprache: In 66 Redebeiträgen diskutierten die Delegierten fast sechs Stunden lang über Fehler und notwendige Veränderungen. Der Parteivorstand hatte vorher angekündigt, die Aussprache nicht zeitlich einzuschränken, sondern diskutieren zu lassen, solange das Bedürfnis dafür bestand. Dies war bereits der Anfang des neuen Miteinanders in der Partei. Statt Flügelkämpfe die offene Diskussion.

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Sigmar Gabriel spricht in seiner Rede den Delegierten und Gästen aus dem Herzen und schafft das Gefühl eines Neuanfangs. Foto: Oltmann.

Den ersten langen Tag beendete dann nach der Rede von Sigmar Gabriel seine Wahl und die Wahl seiner Stellvertreter und der neuen Generalsekretärin Andrea Nahles. Die 100 Minuten lange Rede von Sigmar Gabriel war brillant und so gut, das ich mich hier weigere, Auszüge daraus zu bringen, da dies nur eine schlechte Wiedergabe sein kann. Über diese Rede ist ja auch genug berichtet worden und jeder interessierte Genosse hat sie besser im Ohr, als dass ich sie hier wiederholen könnte.

Seid aber versichert, diese Rede hat mir, der ich fast 10 Jahre OV-Vorsitzender in Sulingen bin und gerade in den letzten Jahren mir politisch kraftlos vorkam, den verlorenen Biss zurückgegeben. Hinsichtlich der bevorstehenden Kommunalwahl 2011 zitiere ich nun doch Sigmar: „Schwarz-Gelb, zieht Euch warm an…“
Wie mir, ging es nach der Rede Sigmars wohl allen über 500 Delegierten.

Samstag folgte dann noch die Wahl des Restvorstandes. Positiv hierzu, dass alle drei niedersächsischen Vertreter im ersten Wahlgang gewählt wurden: Wolfgang Jüttner, Garrelt Duin und Edelgard Buhlman.

Dann folgte die Rede von Frank-Walter Steinmeier, die Verabschiedung von Franz Müntefering und die Beratung des Leitantrages der Parteispitze und die restlichen Anträge.

Alles hierzu ist bekannt – wichtig:

  • Keine Verlängerung der Laufzeiten für die Atomkraftwerke
  • Einführung der Vermögenssteuer
  • Bildung und Kinder müssen mehr ins Zentrum der Beschlüsse gestellt werden
  • Überprüfung der Rente mit 67 im nächsten Jahr

Der Sonntag stand dann im Mittelpunkt der Rede von Erhard Eppler zum 50. Jahrestag des Godesberger Programms und der Abschlussrede Gabriels.

Viel hätte ich noch schreiben können zum Niedersachsenabend am Donnerstag und zum Parteiabend am Freitag. Viel über interessante Gespräche mit Genossen aus anderen Unterbezirken und dem einen oder anderen Politpromi.

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Joachim Oltmann vertrat den Unterbezirk Diepholz auf dem Bundesparteitag in Dresden. Foto: Oltmann

Wichtig ist letztendlich aber nur, dass die Vorsätze des Parteitages, die SPD wieder zu neuer Stärke zu führen, von allen Beteiligten eingehalten werden. Der Parteitag war eindeutig der Aufbruch, der gelungene Neuanfang, den sich viele an der Basis und innerhalb der Ortsvereine wünschten. Fast 6000 Neueintritte in den letzten Wochen könnten ein Indiz dafür sein. Die Öffnung der Partei in die Gesellschaft und die drei Ziele

„Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soziale Sicherheit und ökologische Verantwortung“

soll die Partei wieder in die Mitte der Gesellschaft bringen. Dazu sollten wir alle beitragen – dieser Parteitag hat eindeutig dazu Mut gemacht.

Ganz nach Franz Müntefering: „Glück auf!“

Joachim Oltmann