Durch ein Interview, das der Fraktionsvorsitzende der CDU im Landtag, Björn Thümler, der Zeitung "Die Welt" gegeben hat (erschienen am 3.9.), wurde der Eindruck erweckt, die SPD wolle in Niedersachsen alle Förderschulen schließen. Wir veröffentlichen hier zur Klarstellung die Stellungnahme der Vorsitzenden unserer SPD-Landtagsfraktion, Johanne Modder,

Pressemitteilung vom 03.09.2014 Modder:

Thümler verbreitet bewusst Unwahrheiten und schürt Ängste

Die Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Johanne Modder, reagiert auf ein Interview des CDU-Fraktionsvorsitzenden Björn Thümler. In dem Interview in "Die Welt" vom 3. September 2014 wird Björn Thümler mit dem Satz zitiert: "Die geplante komplette Abschaffung der Förderschulen ist fatal".

Dazu erklärt Johanne Modder: "Die CDU behauptet, wir würden Förderschulen in Niedersachsen komplett abschaffen. Das ist falsch. Die CDU schürt Ängste bei Eltern, Schülerinnen und Schülern sowie Lehrerinnen und Lehrern, indem sie bewusst Unwahrheiten verbreitet." Die CDU verabschiede sich durch das Zitat von Herrn Thümler von ihrer eigenen Regierungspolitik und erweise dem Gelingen der Inklusion einen Bärendienst. "Ich bin vom Christdemokraten Björn Thümler persönlich enttäuscht, weil er die Inklusion zum politischen Spielball macht", so die SPD-Fraktionsvorsitzende.

Die Umsetzung der inklusiven Schule sei ein Prozess, an dessen Anfang sich Deutschland befinde. Inklusion bedeute Anerkennung, Wertschätzung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. "Inklusion ist eine riesige gesamtgesellschaftliche Aufgabe", erklärt Modder.

Zu den Fakten:

1) In Niedersachsen ist die inklusive Schule verbindlich zum Schuljahresbeginn 2013/14 eingeführt worden. Das hat der Niedersächsische Landtag mit breiter Mehrheit noch während der Regierungszeit von CDU/FDP am 20. März 2012 beschlossen. Inhaltliche Vorbereitungen durch die schwarz-gelbe Landesregierung wurden indes nicht getroffen. Die inklusive Schule ermöglicht den Schülerinnen und Schülern einen barrierefreien und gleichberechtigten Zugang zu den niedersächsischen Schulen.

2) Förderschulen bleiben mit folgenden Schwerpunkten bestehen: Es ist eine Tatsache, im Gegensatz zu den Behauptungen von Herrn Thümler, dass bei den Förderschulen geistige Entwicklung, emotionale und soziale Entwicklung, körperliche und motorische Entwicklung sowie den Förderschulen Sehen und Hören keine organisatorischen Veränderungen erfolgen.

3) Bestehende Grundschulen mit angegliederten Sprachheilklassen sollen zu Grundschulen mit einem inklusiven pädagogischen Profil Sprache weiter entwickelt werden.

4) Die Grundschulen erhalten im Rahmen der sonderpädagogischen Grundversorgung zwei Stunden pro Klasse, die schwerpunktmäßig entsprechend des Konzeptes der Schule eingesetzt werden können - unabhängig davon, ob bei Schülerinnen und Schülern ein Unterstützungsbedarf festgestellt worden ist oder nicht. Außerdem werden die Schülerinnen und Schüler mit festgestelltem sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf bei der Klassenbildung in den Grundschulen und dem Sekundarbereich I der weiterführenden Schulen doppelt gezählt, dadurch verkleinern sich die Klassen. In allen weiterführenden Schulen gibt es für alle Förderschwerpunkte einzelfallbezogene Lehrerstundenzuweisungen nach festgestellten sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfen.

5) Ab 2014 sollen aufsteigend bis einschließlich 2017 rund 1650 zusätzliche Stellen für die Inklusion eingesetzt werden. Dies entspricht in etwa einer Investitionssumme von mehr als 80 Millionen Euro jährlich ab dem Schuljahr 2017/2018.

6) Alle Maßnahmen und Instrumente zusammengerechnet, werden bis 2017 ca. 550 Millionen Euro für die inklusive Beschulung eingesetzt. Diese setzen sich zusammen aus Ressourcen, die bereits zur Umsetzung der Inklusion verwendet werden (ca. 336 Millionen Euro), aus Ressourcen an Lehrkräften und pädagogischen Mitarbeitern aufgrund der Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes (NSchG) zur Inklusion (ca. 200 Millionen Euro) sowie Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für Lehrkräfte (ca. 6,4 Millionen Euro) im Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung.

7) Für Lehrerinnen und Lehrer an Grundschulen gibt es seit 2011 und im Sekundarbereich I seit 2012 sowie für Schulleiterinnen und Schulleiter aller Schulformen inklusionsbezogene Fortbildungen im Rahmen der Qualifizierungsoffensive Inklusion. Unter anderem sind auch Mittel für die berufsbegleitende Qualifizierung von Lehrkräften, die in der sonderpädagogischen Förderung tätig sind und nicht über die Lehrbefähigung für das Lehramt für Sonderpädagogik verfügen, bereitgestellt worden.